Wer „Reims“ sagt, denkt an zweierlei: An eine der bedeutendsten Städte Frankreichs, deren geschichtliche Bedeutung sich vor allem in der berühmten Kathedrale konzentriert – und an Champagner. Damit hat er genau die Kombination, die die Casino-Gesellschaft geradezu nötigt, eine Jahresfahrt dorthin zu unternehmen.
Zunächst der erste Aspekt, dem wir uns gleich am Ankunftstag widmeten, dem absoluten kulturhistorischen Highlight, der Kathedrale. Seit der Merowingerkönig Chlodwig hier 498 vom heiligen Remigius getauft worden war, ist sie Krönungskirche der „allerchristlichsten“ französischen Könige gewesen, eine Bedeutung, die sich auch in dem überreichen Skulpturenschmuck niederschlägt, wie er wohl in keinem anderen Sakralbau zu finden ist.
Die korrespondierende Stadtbesichtigung fand dann am Samstag statt. Sie zeigte eine nach den Zerstörungen der Kriege großzügig wieder aufgebaute Stadt, in der sich Neues mit (teilweise vorgetäuschtem) Alten harmonisch verband. Diese Großzügigkeit, eine auffallende Sauberkeit und ein quirliges Straßenleben provozierten manchmal die Anregung, die Mülheimer sollten doch mal nachfragen, wie man sowas macht.
Der Champagner stand am zweiten Tag im Vordergrund auf der „route du vin“ nach Epernay, wo man auf der „Avenue de Champagne“ bekannte Champagnerhäuser wie Perlen auf einer Schnur aufgereiht findet. Wir steuerten auf das Haus „Mercier“ zu. Eine Fahrt durch die in 30 Metern Tiefe in einer Läge von 18 km aus dem Fels gehauenen Lagergänge, dazu die Schilderung der Transportmaßnahmen für das größte Fass Frankreichs (größer als das berühmte Heidelberger!) zur Pariser Weltausstellung ließen etwas von dem fast imperialen Geist erahnen, der Unternehmer vom Schlage Eugene Merciers beseelte. Nach einer eingehenden, detaillierten Darstellung des Produktionsprozesses am nächsten Tag im Reimser Haus „Mumm“ wussten wir endgültig, warum das Edelgetränk so teuer ist.
Aber nicht nur theoretisch machten wir mit dem Champagner Bekanntschaft. Dass sich an die Besichtigungen Verkostungen anschlossen, an deren Ende eine erkleckliche Anzahl wohlgefüllter Kartons in unserem Bus verschwand, versteht sich von selbst. Dazu kam der obligatorische Begrüßungstrunk vor den Mahlzeiten in ausgesuchten Lokalen, die z.T. große Begeisterung auslösten wie z.B. das „Relais de Sillery“.
Sogar für zwei ungeplante Höhepunkte war noch Platz: Eine spektakuläre „Son et Lumiere“- Show am letzten Abend löste die Kathedralen-Fassade in farbig-gleißende oder auch mystischdunkle Bewegung auf. Ein Besuch der Kirche St.Remi nach der Abfahrt am Sonntag vermittelte einen Eindruck von der stillen Harmonie dieses älteren Gotteshauses, die sich deutlich von der flammenden Gotik der großen Kathedrale unterscheidet.
Während der Heimfahrt durch die sanft schwingende Landschaft der Champagne konnte einem eine Zeile aus dem Rolandslied, dem Nationalepos der Franzosen, in den Sinn kommen:
„Terre de France, vous etes un doux pays“